Mein Auto, mein Haus, mein Boot: Die klassischen Statussymbole zeigen unübersehbare Verfallserscheinungen oder sterben aus. Statussymbole werden immer gruppen- und lebensstilspezifischer. Sie hinterlassen einen ganzen Friedhof an Produkten und Konzepten, die in Zukunft nicht mehr gefragt sein werden. Was tritt an ihre Stelle?
«Statussymbole? Das habe ich doch nicht nötig! Das ist etwas für Looser, für Möchtegerne!» Das sind die Standardreaktionen. Statussymbole haben nämlich immer nur die anderen.
Zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts war es der Nerzmantel, in den 50er-Jahren der Autobesitz. Wenig später konnte man mit dem reinen Autobesitz bereits nicht mehr punkten, es musste eine bestimmte Marke sein. In den 70er Jahren verschwanden zwar nicht die Statussymbole, aber ihre gesellschaftliche Reichweite verkleinerte sich. In immer mehr Gruppierungen sozialer Selbstinszenierung gelten eigene Regeln, die anderswo nicht mehr verstanden werden. Allgegenwärtig ist nur der Kampf um Anerkennung, um den Neid der Beobachter und um symbolische Zugehörigkeit. Veganer wissen nichts über Rangordnungskämpfe in einem GaultMillau-Club, Sharing Communities haben andere Beeindruckungs-Symbole als Business Clubs. Materielle Statussymbole verlieren zunehmen an Gültigkeiten, immaterielle Erlebniswerte werden wichtiger. Der Fokus hat sich vom Haben zum Sein verlegt.
Innerhalb bestimmter sozialer Enklaven, etwa von Managern oder Medienstars, vermag das traditionelle Statusdenken überlebt haben. Für meisten Menschen ist es aber wichtiger, unauffällig zu bleiben, wie die andern zu sein oder in einer Gruppe dazuzugehören. Soziale Netzwerke kreieren eine inzwischen unüberschaubare Menge von Bühnen der Selbstdarstellung. Die kommunizierten Inhalte zerfallen in Mikrokosmen, und doch gibt es hier ein allgemein verständliches, rangdefinierendes Statussymbol: Die Menge von Clicks, Followern und Freunden.
Statussymbole heute
Die sogenannten Generationen Y und Z sind in materieller Sicherheit aufgewachsen. Besitz hat für sie eine andere Wertigkeit. Denn sie erleben auch die negativen Folgen der Wohlstandsgesellschaft ihrer Eltern: Wenig Zeit für Selbstverwirklichung, zerbrochene Ehen, Burnouts. Die neuen Generationen wollen sich nicht mehr aufopfern, um irgendwann in ferner Zukunft den Traum vom eigenen Haus oder dem Luxuswagen erfüllen zu können. Sie wollen Selbstverwirklichung nicht aufschieben und ihr Lebensentwurf sieht anders aus. Freizeit hat der Arbeit buchstäblich den Rang abgelaufen. Das krempelt das traditionelle Statusdenken – nicht nur in der Arbeitswelt – um.
Die heranwachsenden Generationen lehnen das Prinzip «schneller, höher, weiter» ab. In ihrer Arbeitswelt gewinnen deshalb immaterielle Dinge und emotionale, persönliche Werte an Bedeutung, während altbewährte Statussymbole als Motivationsfaktoren – wie ein schnittiger Firmenwagen, ein eigenes Büro oder der Vielflieger-Senatorstatus – nicht mehr funktionieren. Sogar in den Ferien wollen sie immer mehr Sinnvolles tun, weshalb der «Voluntourismus» auch in der Schweiz zunimmt. Ferien machen und dabei Gutes tun, das trifft den Zeitgeist.
Junge, selbstbewusste Arbeitnehmer wollen von ihrem Wissen und ihrer Arbeit profitieren, was neue Statussymbole erzeugt: Selbstverwirklichung, verantwortungsvolles Handeln und Kompetenz lauten die obersten Ziele. Beruflicher Freiraum, genügend Freizeit, körperliche Fitness, mehrere Sprachen zu sprechen, vermehrt ehrenamtliches Engagement oder ein Team erfolgreich zu führen – das sind die Statusanker der heranwachsenden Generationen.